Single Börse Kapitel 39







Kurze Wege

Wir waren schon wieder auf dem Rückweg unserer
Motorradtour.
Es war eine schöne Tour gewesen,
Kilometerlange kurvige Straßen,
teils durch Wälder,
teils durch offene Felder.
Lars hatte eine super Strecke gefunden,
abseits von den sonst am Sonntag mit Ausflüglern
vollgestopften Straßen.
Das Wetter spielte auch mit,
strahlender Sonnenschein bei zweiundzwanzig Grad.
Sieben Motorräder,
die wie am Bindfaden gezogen durch die Landschaft gleiteten.
Am Wendepunkt der Tour kehrten wir in einen abseits
gelegenes Dorfgasthaus ein.
Tranken unseren Kaffee, quatschten und lachten viel.
So sahen ideale Motorradtage aus.

Und jetzt waren wir kurz vor der Heimat.
Noch drei, vier Kilometer und dann.....
Ich hatte mal wieder vergessen, die Hoftür zu öffnen.
Ich wusste was mich erwartete.


Kurz vor einer langgezogenen Kurve schossen sie an mir
vorbei.
Wau, war das jetzt ?

Seit wann sind Raketen auf Deutschland Straßen zugelassen?
Oder testete Michael Schumacher seine neuen Rennwagen
mittlerweile hier, kurz vor meiner Heimat, und ich hatte es
nicht mitbekommen?
Als ich aus der Kurve kam, sah ich in der Ferne nur noch die
Rücklichter und die Nummernschilder.
Motorräder.

Ja waren die denn wahnsinnig?

Kannten die denn die Straße hier nicht?

Oder waren das vielleicht Profis oder nur Idioten, die diese
Straße mit dem Nürburgring oder Oschersleben verwechselt
hatten?
Das konnte ja wohl nicht wahr sein.
Die Straße war maximal 5 Meter breit,
links und rechts direkt am Straßenrand riesige Bäume .
Langgezogene Kurven wechselten ab mit engen, nicht
einsehbaren.
Eine schöne Straße zum dahingleiten, aber keine Strecke um
einen neuen Geschwindigkeitsrekord im Tieffliegen
aufzustellen.
Die beiden vorrausfahrenden Motorradfahrer unserer Gruppe
schüttelten mit dem Kopf. Sie dachten scheinbar ähnlich.


Von weitem sah ich das Aufblitzen der Bremslichter,
und im gleichen Augenblick ein Auto,
was scheinbar in der Mitte der Straße fuhr aus der Kurve
kommen.

Au Scheiße,
das konnte nicht gut gegangen sein.

Ich war der dritte, der an der Unfallstelle ankam.
Und was ich sah,
möchte ich nur in abgeschwächter Form wiedergeben.
Zu grausam war das Bild, was sich uns bot.
Zwei der drei Wahnsinnigen hatten es wohl noch irgendwie
geschafft, dem Wagen auszuweichen.
Aber der dritte Fahrer hatte dieses Glück nicht mehr.
Seine Maschine musste das entgegenkommende Auto vorne
rechts am Scheinwerfer erwischt haben.
Zumindest lies der defekt Scheinwerfer des Autos diese
Deutung zu.
Ich stellte gerade mein Motorrad auf den Ständer,
meine Hände zitterten wie verrückt,
als ein Motorrad um die Kurve kam, welches mir sehr vertraut
erschien.
Meine alte hundertfünfundzwanziger und darauf.
Die Süße.
Süße stieg vom Motorrad
(ich bleibe hier aus Respekt vor dem Ausgang der Geschichte
bei dieser Bezeichnung)


lies es auf die Erde knallen und
schrie.
Sie schrei alles um sich zusammen.
Sie fing an zu weinen, mit den Händen um sich zu schlagen.
Sie griff mich an und schrie, schrie, schrie.

Unter der Leitplanke lag,
mit abgetrenntem Kopf
Rennfahrer.

Der Rettungshubschrauber des ADAC, der nach zehn Minuten
am Unfallort eintraf, flog wieder fort.
Wir standen mit unserer Gruppe zusammen,
unfähig, auch nur ein Wort zu sprechen.
Ich zitterte und bebte am ganzen Körper.

Nach fünfzehn Minuten kam der Leichenwagen, den die
inzwischen eingetroffene Polizei benachrichtigt hatte und
steckte die Reste von Rennfahrer in einen Zinksarg.
Der Notarzt des auch eingetroffenen Rettungswagen
kümmerte sich um den unter Schock stehenden Autofahrer
und um Süße.
Feuerwehrmänner reinigten die Straße und stellten das, was
von Rennfahrers Motorrad übrig geblieben war an den
Straßenrand.

Anja lehnte an Lars Schulter und weinte.
Mir wurde klar, wie schnell alles zu Ende sein konnte.









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