Single Börse Kapitel 32







Trennstriche


„Wir haben uns wieder getrennt. Das haute nicht so hin, wie
ich mir das vorgestellt habe."

Biggi war am Telefon.

„Wie, was Du Dir vorgestellt hast,
das verstehe ich jetzt nicht.
Ich denke es war alles Friede, Freude, Eierkuchen?"

„War es am Anfang ja auch.
Aber in letzter Zeit hat es doch häufiger gekriselt."

„Na komm, so eine Ewigkeit seid ihr nun auch noch nicht
zusammen gewesen.
Ist was vorgefallen?
Habt ihr Krach gehabt?"

„Nee, gestritten haben wir uns kaum, aber unsere Interessen,
ich weis nicht, das klappte irgendwie nicht."

„Das verstehe ich nicht.
Du hast doch am Anfang immer gesagt, wie toll es ist, das
sich Eure Interessen soweit decken."

„Ja schon, aber ich hab da halt auch mal Lust was anderes
kennen zu lernen und er hatte dazu überhaupt einen Bock,
sich auch nur ansatzweise daran zu beteiligen."
„Und? Du kannst doch auch mal was alleine durchziehen?"

„Nee, wenn ich schon mal einen Partner habe, dann hat der
gefälligst mitzuziehen. Sonst kann ich ja sofort wieder solo
losziehen."

„Biste da nicht ein bisschen sehr egoistisch?
Ist doch eh besser, wenn man sich nicht die ganze Zeit auf der
Pelle hängt."

„Das seh ich wie gesagt, anders.
Ist ja auch egal jetzt. Ist eh vorbei."

„Das versteh ich nicht,
ich dachte es wäre der Große Wurf bei Ihm und Dir.
Willst Du ihm denn keine Chance geben ?
Oder wie wäre es wenn Du ihm ein wenig entgegen kommen
würdest?"

„Nein, das habe ich schon einmal hinter mir, ich habe keine
Lust mehr, das angepasste Weibchen zu sein. So ich geh erst
mal los, muss noch einkaufen .Im Kühlschrank ist Ebbe.
Kommste heut Abend?"

„Klar, will ich nicht verpassen. Bis später. Tschüss."

An diesem Abend stand Marathonspinning auf dem Plan und
da wollte ich doch mal checken, wie gut ich drauf war.


Ich dachte noch mal über das Gespräch mit Biggi nach.
Sie hatte sich von ihm getrennt, weil er nicht machen wollte
was sie wollte, sie hatte keine Lust ein angepasstes Weibchen
zu sein? Die Frage nach dem Mensch war wieder da.
Er wollte bleiben wer er war, wollte sich nicht prägen lassen,
Sich nicht drehen, verändern oder was auch immer man dazu
sagen wollte.
Und sie. Wollte ihn in neue Rollen zwingen und war aber
gleichzeitig nicht bereit eigene neue Rollen anzunehmen?
Handelten nicht in immer stärker werdendem Maße alle
Menschen unserer zivilisierten Zeit so?
Jeder versuchte anderen seine Rolle zu übertragen, war aber
gleichzeitig nicht mehr bereit, neue Rollen anzunehmen?
War das unter anderem ein Grund für die immer größer
werdende Scheidungsrate ?
War das ein Grund für die immer stärker werdende
Vereinsamung der Menschen?
Die Steigerung des Egoismus, die Verweigerung von
Rücksichtsnahme?
War Liebe letztendlich nur die Bereitschaft die Rolle des
anderen mitzutragen?
Und je näher sich die Rollen standen, je mehr sie sich deckten,
wuchs dadurch die Liebe?
Und, wenn diese Menschen ihre Rollen erkennen und ablegen
konnten, so das ihr Kern zum Vorschein kam,
wenn diese Kerne sich deckten ?
War das die wahre Liebe?
Wer des Menschen Kern die reine Liebe?
Ich hatte das Gefühl verdammt nah an der Antwort zu sein.









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